Meet our experts:
Emanuela Vinco // Vertrags- und Zertifikatsprüfung

In unserer Serie „Meet our experts“ stellen wir Ihnen regelmäßig unsere Expert:innen aus allen Bereichen der Delvag Gruppe vor. Dieses Mal: Emanuela Vinco, Referentin im Bereich Contracts Riskmanagement bei Albatros. Sie spricht im Interview über ihren prägenden Start kurz nach dem 11. September 2001, die Entwicklungen in ihrem Bereich und darüber, warum sie ihre Arbeit so gerne macht. 

Emanuela, Du bist jetzt 23 Jahre bei Albatros in der Vertragsprüfung tätig. Wie war es damals für Dich, hier anzufangen?

Es war eine sehr aufregende Zeit. Ich kam nach meinem Jurastudium in Mailand ganz frisch nach Deutschland. Zu Albatros habe ich durch einen glücklichen Zufall gefunden. Eigentlich hatte ich mich bei Delvag im Justitiariat beworben. Für den Bereich reichten meine Deutschkenntnisse damals jedoch noch nicht aus. Man hat meine Bewerbung dann intern zu Albatros weitergeleitet, denn zufälligerweise wurde zu der Zeit mit Air One die erste italienische Airline in der Lufthansa Aviation Insurance Police aufgenommen. Da sahen meine Karten als Italienerin dann natürlich gut aus und es hat auf Anhieb geklappt. Die Ehe hat bis heute gehalten. 

Nur drei Wochen nach Deinem Start hast Du mit dem 11. September 2001 direkt eine globale Ausnahmesituation mit unmittelbaren Folgen für Deinen Bereich miterlebt. Wie hast du diese extreme Zeit empfunden?

9/11 war absolut surreal. Wir haben uns an dem Tag im Büro alle vor einem Computer mit Internetzugang versammelt und live sehen müssen, wie die zweite Maschine verunglückt ist. Eine Situation, die man nicht mit Worten beschreiben kann.  
Dann ging es Schlag auf Schlag. Es gab viele Gerüchte und Verunsicherung. Man wusste nicht, ob ein Flugzeug der Lufthansa involviert war und was das alles für Folgen haben würde. Als ich an dem Tag abends nach Hause kam, erfuhren wir, dass alle Mitarbeitenden in der Probezeit gekündigt werden würden. Zum Glück betraf das nicht die Delvag Gruppe.
 
In den folgenden Wochen und Monaten blieb es beruflich sehr spannend und herausfordernd. Die Luftfahrtversicherer haben kurzfristig entschieden, die so genannte Kriegdritthaftpflichtdeckung zu kündigen. Da es sich hierbei um eine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtversicherung handelt, hätte dies zur Folge gehabt, dass nach einer Kündigungsfrist von sieben Tagen weltweit alle Flugzeuge stillgelegt worden wären. Sie dürften also nicht fliegen. Das bedeutete für uns, sämtliche Vertragspartner unserer Versicherungsnehmer über den Wegfall des Versicherungsschutzes zu informieren. Und zwar nicht wie heute bequem per Mail, sondern mit dem Telefon und per Fax.
 
Parallel wurden Gespräche mit der Bundesregierung geführt, damit der Flugverkehr nicht zum Erliegen kam. Das war äußerst komplex, da die Staatsgarantie ein Novum war. Glücklicherweise konnten unsere Fachleute und Experten den Prozess dann zum Rollen bringen. Es war beeindruckend zu sehen, dass durch uns wirklich etwas bewegt werden konnte. Wir waren alle auf ein konkretes Ziel eingeschworen und haben fokussiert daran gearbeitet. Diese intensive Zeit hat uns nachhaltig zusammengeschweißt.

Was hat sich über die Jahre in der Vertrags- und Zertifikatsprüfung geändert, seitdem Du 2001 angefangen hast?
 

Der größte Unterschied zu damals ist die Technik. Zertifikate wurden damals alle in Papierform erstellt und dann per Post oder per Fax verschickt. Das ist aus heutiger Perspektive unglaublich. Ganze Wände waren mit Papierbergen zugestellt. Nach und nach wurde auf Serienbriefe per Email umgestellt, bis wir dann bei unserem aktuellen Zertifikatsystem (VAS) gelandet sind, mit dem wir bis heute super aufgestellt sind. Durch dieses Softwaresystem bekommen unsere Kunden alle Dokumente zielgerichtet zugesandt, ohne selbst aktiv werden zu müssen. Das ist eine enorme Arbeitserleichterung für uns und gleichzeitig ein geschätzter Service unserer Kunden und Vertragspartner.

Natürlich gibt es auch ein paar „Pain Points“ wie die Struktur unserer Adressdatenbank, aber im großen Ganzen ist die technische Entwicklung super. Insgesamt ist durch die Digitalisierung unsere Arbeit wesentlich nachhaltiger und effizienter geworden - das merken auch unsere Kunden.

Wie sehen Deine Aufgaben für Dich an einem typischen Arbeitstag aus?
 

Unsere Kernaufgabe ist die Prüfung allgemeiner Verträge der Versicherungsnehmer aus sämtlichen Themengebieten. Darunter fallen zum Beispiel Flugzeuglease, Flugzeugkauf, Code Share, Maintenance oder Charter. Wir unterstützen die Kunden bei den Verhandlungen mit ihren Vertragspartnern aus versicherungstechnischer Sicht. Das beinhaltet auch die Mitgestaltung von Versicherungsklauseln. Wir helfen unseren Kunden, Risiken zu minimieren und die besten Lösungen zu finden. Unser Schwerpunkt ist die Analyse und Prüfung der vertraglichen Versicherungsvereinbarungen auf Marktüblichkeit und auf Übereinstimmung mit dem bestehenden Versicherungsschutz. In dem Kontext achten wir streng darauf, nicht rechtlich zu beraten.

Die Arbeit erfordert viel Flexibilität, einen ständigen Perspektivwechsel und den permanenten Austausch mit den Kunden. Das ist herausfordernd, macht aber sehr viel Spaß. Das internationale Umfeld, die unterschiedlichsten Versicherungsnehmer und daraus resultierende Tätigkeitsfelder machen den Job sehr abwechslungsreich. Auch sich verändernde geopolitische Situationen, Marktkapazitäten und neue Versicherungsprodukte beeinflussen die tägliche Arbeit und sorgen dafür, dass es spannend bleibt.  

Dazu kommt der Faktor Zeit. Zertifikate sind oft zeitkritisch. Der Druck kann daher manchmal sehr groß sein. Dafür haben wir ein großartiges Team. Wir unterstützen uns, diskutieren oft die ein oder andere knifflige Vertragsklausel und lassen auch gerne mal querlesen, wenn mal wieder ein Satz in einem Vertrag eine halbe DIN A4 Seite einnimmt. Das schwächt den Druck merklich ab. 

Der Austausch mit dem Kunden ist ein großer Teil Deiner Tätigkeit. Erwartest Du, dass in der Zukunft durch die digitale Entwicklung der direkte Kundenkontakt abnimmt?
 

Ganz gleich welche Digitalen Medien meine Arbeit unterstützen, so ist und bleibt der Kern meiner Tätigkeit der direkte Kundenkontakt. Für mich ist das der Grund, warum mich der Job auch nach so vielen Jahren noch begeistert.Mittlerweile nutzen die meisten Versicherungsnehmer die Videofunktion von Teams, das macht es noch persönlicher. Die Digitalisierung wird manche Aspekte eventuell weiter vereinfachen. Der Austausch mit dem Kunden bleibt dabei sicher bestehen.

Die Muttergesellschaft von Albatros, die Delvag Versicherungs-AG wird dieses Jahr 100 Jahre alt. Fast ein Viertel dieser Zeit warst Du bei der Delvag Gruppe an Bord. Was wünschst Du Dir für die nächsten 100 Jahre für die Delvag I Albatros? 
  

 Dass wir so bleiben, wie wir sind. Wir sind schon jetzt eine tolle Firma und haben viel erreicht. Wenn ich einen Wunsch habe, dann den, dass wir nie den Fokus auf den Kunden verlieren und als Unternehmen immer in seinem Interesse handeln. Es gibt viele wichtige Veränderungen und Projekte, aber im Kern bleiben wir ein Dienstleister - das dürfen wir nie vergessen.
 


Über Emanuela Vinco
Emanuela Vinco ist seit 2001 im Vertrags- und Risikomanagementbereich tätig. Nach abgeschlossenem Jura-Studium in Mailand zog sie nach Köln und ist seitdem beim Firmenmakler Albatros -Schwerpunkt Aviation- beschäftigt. Zusammen mit vier langjährigen und sehr erfahrenen Kolleginnen stellt sie sich tagtäglich den Herausforderungen eines kundenorientierten Service.

 

Interview: Nicholas Gorny, Corporate Communications Delvag Gruppe