45 Jahre Albatros:
Martin Gary im Interview

Albatros feiert im Jahr 2025 ihr 45. Jubiläum. Zu diesem Anlass sprechen wir mit dem Geschäftsführer, Martin Gary. Er berichtet über seine Zeit in der Unternehmensführung, schildert besondere Herausforderungen der Branche, ordnet den Wettbewerb ein und gibt Einblick in die Strategie von Albatros. 

Hallo Martin, herzlichen Glückwunsch zum 45-jährigen Jubiläum! Wie fühlt es sich an, diesen bedeutenden Meilenstein zu erreichen?

Vielen Dank für die Glückwünsche. Es fühlt sich sehr gut an und es ist auch ein Grund, stolz zu sein. Wenn ich mich an unser Sommerfest für die Belegschaft auf dem Hausboot „Albatros“ erinnere, war das ein passendes, stimmungsvolles Ereignis, um angemessen zu feiern. Das Event beflügelt uns noch immer in diesem Jubiläumsjahr.

45 Jahre sind eine wirklich lange Zeit, in der viel erreicht wurde. Was waren denn für dich Momente, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind, seitdem du seit 2018 Geschäftsführer bei Albatros bist?

Während meiner Zeit als Geschäftsführer war vor allem die Corona-Pandemie sehr prägend. Gerade in Hinblick auf die Herausforderungen für unsere Kunden, die wir durch Prämiennachlässe oder Prämienstundungen unterstützt haben. Das geschah auch mit wesentlichen Auswirkungen auf unser Geschäftsergebnis, das merklich darunter gelitten hat, aber die Unterstützung unserer Kunden war wichtig und damit haben wir auch bewiesen, dass wir auf langfristige Beziehungen bauen. Sowohl mit unseren Kunden als auch mit unseren Partnern auf der Versichererseite. Ein konkretes Beispiel aus dieser Zeit ist die „Bring-me-Home-Versicherung“, die wir für die Lufthansa Group (LHG) damals erarbeitet haben und dadurch unseren Teil dazu beigetragen haben, das Geschäft der Lufthansa wieder anzukurbeln. Das war neu im deutschen Markt und hat ein großes Medienecho bewirkt. Ein weiterer prägender Moment der letzten Jahre war für mich der Start des IT-Projekts „Origami“. Die erste Risikodatenabfrage und die Spannung, ob alles so laufen wird, wie es soll, war aufregend. Heute weiß ich: Wir sind auf einem guten Weg.

Die Struktur und Organisation von Albatros ist nahezu einzigartig. Wie baut sich das Unternehmen genau auf?

Da ist es hilfreich, sich zunächst die Geschichte der Albatros nochmal in Erinnerung zu rufen. Albatros ist aus der Delvag heraus entstanden, um einerseits den Rückversicherungsbedarf der Delvag abzudecken, andererseits aber auch den Versicherungsbedarf der Kunden der Delvag in von ihr nicht betriebenen Sparten zu betreuen. Zusätzlich entstanden mehr und mehr Anfragen aus der Belegschaft der Lufthansa zu privaten Versicherungen und das ist genau das, was Albatros heute ausmacht. Der Firmenkundenbereich sowie das Vorsorgemanagement sind auch heute die tragenden Geschäftsbereiche von Albatros. Bei unseren Firmenkunden im Airlinebereich sind wir seit der Gründung weit über die Lufthansa Group hinausgewachsen und betreuen eine der größten Airline-Einkaufsgemeinschaften der Welt - bei der jährlichen Erneuerung ihrer Versicherungsdeckungen, im täglichen Service aber auch in der Beratung bei der Weiterentwicklung ihres Risikomanagements. Im Vorsorgemanagement platzieren wir nicht nur die Versicherungsdeckungen für unsere Kunden, sondern managen für sie auch zwei eigene Versorgungswerke exklusiv: die Versorgungskasse Kabine sowie die Albatros Unterstützungskasse. Dazu kommt dann die Vermittlung von privaten Versicherungen sowie Finanzierungen und Kapitalanlagemöglichkeiten für die Belegschaft der Lufthansa und anderer Unternehmen, worum sich heute die Albatros Financial Solutions GmbH als Tochter der Albatros kümmert.

Albatros hat sich lange als führender Spezialversicherungsmakler etabliert. Was ist neben der besonderen Struktur das Erfolgsrezept?

Ein wesentlicher Grund ist die Nähe zum Geschäft unserer Kunden. Durch diese Nähe haben wir einfach einen extrem guten Einblick in die Prozesse und Herausforderungen unserer Kunden. Das macht uns glaubwürdig und authentisch als Sparringpartner und sorgt auch für das Vertrauen unserer Drittkunden, die uns als Partner auf Augenhöhe erleben. Das nutzen wir als Basis für tiefgehende und tragfähige persönliche Kundenbeziehungen, die dann in der Folge auch sehr lange halten. Im Vorsorgemanagement sind wir nicht nur für unsere Kunden ein verlässlicher Sparringpartner, ebenso für unsere Tarifvertragspartner, wie etwa die verschiedenen Gewerkschaften in der Luftfahrtindustrie.

Wie hat sich die Strategie im Firmenkundenmaklergeschäft über die Jahre entwickelt und welche aktuellen Trends erkennst du?

Es gibt in diesem Bereich seit Jahren Konzentrationstendenzen. Große Player schließen sich mit anderen zusammen und wachsen. Mittelgroße Player werden durch Konsolidierer aufgekauft und kleine Makler ziehen sich immer mehr zurück. In Deutschland gibt es vergleichsweise noch viele Makler, aber auch hier geht der Trend zur Konsolidierung. Die Zusammenschlüsse führen dazu, dass unsere Wettbewerber mehr und mehr in der Lage sind, auch digitale Lösungen anzubieten. Das zahlt auf den Trend der wachsenden Nachfrage nach digitalen Produkten der Kunden ein. Im Firmenkundenbereich ist diese Tendenz bisher noch verhaltener als im Privatkundenbereich, aber auch absehbar. Diese Entwicklung müssen wir bei unserer Strategie definitiv berücksichtigen. Deshalb arbeiten wir bereits intensiv an dem Ausbau unseres digitalen Angebots in allen Geschäftsfeldern.

Welche Rolle spielt die Lufthansa Group bei der Strategie und wie profitieren die Kunden davon?

Für die Entwicklung unserer Unternehmensstrategie sind wir selbst verantwortlich, da wir die Märkte kennen und entsprechend auf die Herausforderungen reagieren können. Natürlich benötigen wir aber etwa bei größeren Investitionsfragen die Zustimmung unseres Eigentümers. Insgesamt berücksichtigen wir die Lufthansa bei unserer Strategie sowohl als Eigentümer aber auch als Kunden. Wir evaluieren fortlaufend, welche Bedarfe bestehen und wie wir die Strategie der Lufthansa Group bei unseren Überlegungen einbeziehen und sie dabei unterstützen können. Das Versicherungsmanagement in der Lufthansa Group gemeinsam mit den Kollegen der entsprechenden Konzernfunktionen weiterzuentwickeln, ist hierbei eine wichtige Komponente.

Wie sieht der aktuelle Wettbewerb in der Branche aus? Unterscheidet sich das je nach Marktbereich?

Generell hat sich der Wettbewerb in den letzten Jahren verschärft. Auf der einen Seite durch die Konsolidierung mancher Wettbewerber zu größeren Playern und auf der anderen Seite – besonders im Industriegeschäft – durch das Drängen internationaler Wettbewerber in den deutschen Markt. Insgesamt folgt der Markt in der Luftfahrtversicherung aktuell derzeit keinen eindeutigen Trend, was den Wettbewerb auch um unsere Kunden tendenziell unterstützt. Dem müssen wir uns stellen. Eine weitere Einflussgröße im Segment der betrieblichen Altersversorgung sind aktuelle gesetzliche Entwicklungen. Sie können neue Versorgungsträger oder Absicherungsmechanismen hervorbringen, die wiederum maßgeblich den Wettbewerb und die Marktstrukturen prägen werden. Im Privatkundengeschäft sind Konsolidierung und erhöhter Wettbewerbsdruck auch ein Thema, wobei hier der Wettbewerb durch Onlineplattformen zusätzlich angetrieben wird.

Welche Maßnahmen werden getroffen, um sich von dem stärker werdenden Wettbewerb abzuheben und weiterhin branchenführend zu bleiben?

Neben den digitalen Angeboten, in die wir investieren, arbeiten wir vor allem daran, unsere Datenbasis auszubauen. So möchten wir noch besseren Einblick in die Bedürfnisse unserer Kunden bekommen, um unsere Rolle als ganzheitlicher Risikomanager auszubauen und auf neue Anforderungen flexibel reagieren zu können. Daneben entwickeln wir unsere Services wie Abrechnungstools und Versicherungszertifikate weiter, um unser professionelles Angebot auch künftig sicherzustellen und zu verbessern. Wir bauen auch weiterhin auf die persönliche Pflege vertrauensvoller Kundenbeziehungen. Einerseits durch unsere tägliche Arbeit mit unseren Kunden andererseits durch Formate wie den Aviation Insurance Day, den Industry Insurance Day und den Crisis Management Workshop.

Gibt es neue Märkte oder Geschäftsfelder, die in Zukunft interessant werden könnten?

Unser Markt im Firmenkundengeschäft ist ganz klar der Airline sowie Aviation-nahe Markt und dort wollen wir unsere Position auch weiter festigen. Hier möchten wir auch künftig um neue Kunden werben, insbesondere da wo wir uns gute Chancen über die LHG oder bestehende Kunden ausrechnen. Im Vorsorgemanagement könnten sich durch neue Gesetze ebenfalls neue Geschäftsfelder öffnen. Hier ist es wichtig, dass wir solche Entwicklungen eng beobachten und schnell auf neue Gegebenheiten einstellen. Darüber hinaus nehmen wir weiterhin Chancen wahr, wenn sich Gelegenheiten bieten. Im Aviation-nahen Markt gibt es sicherlich noch Potential, das wir bisher noch nicht vollständig ausschöpfen. Daran möchten wir noch stärker arbeiten.

Was sind deine langfristigen Ziele und Visionen für Albatros?

Meine Vision ist es, Albatros zu dem (!) Boutique-Makler in der Airline-Branche zu machen. Das möchte ich durch ein umfassendes Angebot, als Risikomanager für unsere Kunden, bestehend aus ganzheitlichen Versicherungslösungen erreichen. Das werden wir durch Flexibilität, modernste Technik und maßgeschneiderte Produktlösungen sowie persönlichen Service erreichen – da bin ich sicher.

Zum Abschluss: Was wünschst du dir zum 100. Geburtstag von Albatros?

Ganz klar: Dass Albatros im Jahr 2080 noch genauso offen, jugendlich und agil ist, wie jetzt zum 45. Geburtstag.

Vielen Dank für das Gespräch.
 


Interview: Nicholas Gorny, Corporate Communications